Plastik am Meer - als Bild für den sorglosen Umgang mit Verpackungen

Was von uns übrig bleibt

Wollten Sie schon immer Spuren für die Nachwelt hinterlassen und fragen sich: Ja, wie denn nur? Machen Sie es sich leicht – das entspricht unserem Zeitgeist. Kaufen Sie irgendein Produkt in einer Plastikverpackung und entsorgen diese auf keinen Fall in der Gelben Tonne. Vielleicht werfen Sie das Ding in einer kurvigen Autobahnausfahrt einfach mit Schwung aus dem Fenster. Zugegeben, das ist nicht originell, wenn man den Müll, der dort bereits liegt, betrachtet. Aber Sie müssten dafür noch nicht einmal Ihre Alltagsroutine durchbrechen. Wenn Sie Glück haben, weht der Wind Ihre Verpackung in einen Fluss, der sie dann weiter ins Meer befördert, wo sie sich früher oder später einer Plastikinsel anschließt. Dieses von Ihnen mitgeschaffene Kunstwerk hält garantiert 500 Jahre.

Einziger Wermutstropfen: die Umsetzung dieser Idee hat ein paar tödliche Nebenwirkungen. Die wollen Sie nicht in Kauf nehmen? Dann trinken Sie einen frisch gepressten Multivitaminsaft to go, bestellen zu Hause etwas vom Thai-Restaurant um die Ecke und vergessen den Vorschlag. Dafür, dass Sie das nun einmal angeschnittene Thema dennoch in Erinnerung behalten, sorgt kein geringerer als die EU.

Es gibt beispielsweise eine EU-Richtlinie, die besagt, der Verbrauch der Kunststofftüten in den Mitgliedstaaten solle bis 2019 auf 90 und bis 2025 auf 40 Tüten pro Einwohner und Jahr reduziert werden. Weil die Deutschen die Vorgaben der EU ernst nehmen, haben das Umweltministerium und 240 Unternehmen des Einzelhandels dieses Jahr auf freiwilliger Basis vereinbart, dass Plastiktüten Geld kosten sollen. So vermeiden sie nicht nur eine gesetzliche Regelung, sondern verhelfen dem Leinenbeutel zu einer Renaissance.

Wieso die Händler nicht etwa kostenlose und gleichzeitig umweltfreundliche Tüten anbieten? Na, ganz klar: Weil die Verantwortung, die Welt zu retten, ausschließlich bei Ihnen liegt. Unternehmen schaffen unendlich viele Möglichkeiten, aber ergreifen müssen Sie diese schon selbst. Das gilt übrigens nicht nur im Falle von Plastiktüten, sondern für all den Müll, den Sie durch Ihren Konsum verursachen. Lassen Sie es sich von George Clooney erklären.

Wenn George nicht ihr Typ ist, werden Sie sich vielleicht über das Engagement eines Nespresso Konkurrenten freuen: Tchibo hat sich vorgenommen, seine Cafissimo-Kapseln umweltschonender zu gestalten. Die arbeiten intensiv daran, diese kleinen Umwelt-Teufel so weiterzuentwickeln, dass sie besser recycelt werden können. Sie sind zuversichtlich, dieses Ziel 2016 erreicht zu haben. Zudem fand eine Studentin heraus: beim Versand der Tchibo Onlinebestellungen lassen sich bis zu 15% an Material einsparen. Dieser Idee gehen die schrittweise auch nach.

Bei Amazon geht es verpackungstechnisch noch bunter zu. Nein, damit ist nicht gemeint, dass sie einem anbieten, alle bestellten Artikel in einem –  statt fünfzehn einzelner – Päckchen zu schicken. Das klappt immer noch nicht, selbst wenn man wie wild das im Bestellformular vorgesehene Kästchen anklickt. Vielleicht haben die Logistikroboter andere Anweisungen als der Computer, der die Bestellung steuert. Aber: freuen Sie sich auf frustfreie Verpackungen! Amazon nutzt –  vorausgesetzt die Hersteller machen mit – wiederverwertbare Kartons, die einfach zu öffnen sind. Das bedeutet in zweifacher Hinsicht weniger Müll: Sie bekommen einen Karton statt Plastikverpackung plus Karton und müssen in Zukunft weniger Pflasterverpackungen entsorgen, weil Sie sich viel seltener an harten Plastikschalen oder Drahtbindern verletzen.

Das geht Ihnen nicht weit genug? Selbst wenn es wie eine wunderbare Alternative klingt: man kann nicht alles in einem verpackungsfreien Supermarkt kaufen. Zum einen gibt es in Deutschland nur eine Handvoll von ihnen. Zum anderen erfüllt die Verpackung wichtige Funktionen:

sie schützt das Produkt beim Transport,
(Die Natur kommt mit der neuen Art des globalen Konsums leider nicht mit. Valentinsrosen aus Afrika, die taufrisch auf einem Tisch in Europa landen müssen, sind ohne Verpackung völlig schutzlos.)

informiert über Inhaltsstoffe,
(Sofern Sie die Liste in Schriftgröße sechs lesen und verstehen können.)

und kommuniziert mit Ihnen.
(Einladung zu einem Besuch auf Facebook, Newsletter-Anmeldung, Aufruf zu Gewinnspielen – wie sonst wüssten Sie, wie Sie Ihre Daten an den Hersteller und seine Freunde abtreten können?)

Raucht Ihnen schon der Kopf? Dann sind Sie nicht alleine. Wir leben in einer komplexen Konsumlandschaft, in der die zunehmende Bequemlichkeit der Käufer – je nach Blickwinkel – gleichzeitig Fluch und Segen bedeutet. Das verwirrt viele Mitmenschen. Vielen Unternehmen ist’s recht.


Plastik: Enwicklung der Produktion - Statistik

(Quelle: ELLEN MACARTHUR FOUNDATION)

 

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