Facebook kauft WhatsApp, Microsoft schluckt LinkedIn, Unilever übernimmt Dollar Shave Club. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch Ihr Lieblingsunternehmen von vergleichsweise kleinem Ausmaß, Teil einer unübersichtlichen, großen Masse wird. Denn Branchengiganten mit Zukunftsvisionen gehen regelmäßig auf Einkaufstour.
Manche Gründe dafür haben sich seit Jahrzehnten nicht verändert. Wer in Zeiten digitaler Beschleunigung über ausreichend Kleingeld verfügt, kann es sich durch Zukäufe leisten,
- neue Märkte im Eilverfahren zu erschließen;
- den Wettbewerb frühzeitig auszubooten oder auszuschalten;
- Know-how, das andere über Jahre hinweg gesammelt haben, über Nacht für sich zu beanspruchen;
- Talente, die wahrscheinlich nie freiwillig vorbeigekommen wären, galant zu überführen.
Zunehmend dienen Akquisitionen auch Marktforschungszwecken.
- Wie funktionieren diese neuen Geschäftsmodelle?
- Wer sind diese fremdartigen Wesen, die kaufen, überhaupt?
- Wie verhalten sie sich tagein, tagaus?
- Welche ihrer bisher unbefriedigten Bedürfnisse werden plötzlich erfüllt und wie?
Die Antworten auf diese Fragen finden sich in gut gepflegten Daten. Und Sie wissen ja – vermeintliche Big Data Experten handeln Daten als neuen Rohstoff. Doch was nützt einem Salz, wenn man es nicht schafft, eine Suppe zu kochen? Selbst wenn sie auf unzähligen Rohstoffvorkommnissen sitzen, sind viele Unternehmen nämlich nicht dazu in der Lage, diese zu verarbeiten. Von den gekauften Firmen erhoffen sie sich also neben weiterer Quellen, mitunter ein Rezept.
Aber was dabei rauskommt, wenn Kantinenköche den Ideen aus kleinen Küchen folgen, schmeckt leider nicht jedem. Leidtragende können sowohl die Kunden der „Kleinen“ als auch die großen Unternehmen selbst sein. Das hängt mit gewissen Strukturen zusammen, die sich von heute auf morgen nicht ändern lassen. Silos, die antiquierte Denkweisen pflegen. Technologien, die vielfältig und nicht miteinander vereinbar sind. Datenschutzbestimmungen, die von einer erkenntnisreichen Auswertung abhalten.
Häufig treffen Philosophien aufeinander, die nicht vereinbar sind. Beispielsweise dann, wenn die „Kleinen“ es verstehen, genau ein einziges Problem zu lösen und die Großen den neu erworbenen Kunden ein ganzes Portfolio von unnützen Dingen präsentieren. Als hätten Sie eine Tomatensuppe bestellt und bekämen ein Fünfgangmenü serviert. Aufschlussreiche Marktforschungsergebnisse führen schließlich nicht zwangsläufig zu erfolgreichen Strategien.
Das heißt nicht, es gäbe keine Erfolgsfälle. War die Aufregung der WhatsApp-Nutzer anfangs groß, blieben die meisten doch. Weil Bequemlichkeit der Kunden und geschicktes Produktmanagement eine Situation schaffen, aus der alle Seiten Nutzen ziehen können. (Zumindest vorübergehend und sicher nicht ohne schädliche Nebenwirkungen, aber das ist eine andere Geschichte.) Hinzu kommt, dass Facebook ein (noch) agiles Großunternehmen ohne industriellen Ballast ist, dessen Geschäftsmodell auf einem sehr gefragten Rohstoff basiert.
Lassen Sie uns also gespannt auf Microsoft und Unilever schauen. Lernen können wir aus deren Einkaufsverhalten und seinen Folgen allemal.