Briefing - Raum mit Geweihen als Symbol für den Vorhof zur Hölle

Ein schlechtes Briefing: Der Vorhof zur Projekthölle

Kurt Schneider verließ den Hauptbahnhof einer quirligen Stadt durch einen ruhigen Seiteneingang und stieg in ein Taxi. Der Fahrer legte sein Telefon zur Seite und schaltete den Zähler ein. Danach schaute er verwirrt in den Rückspiegel. Denn Kurt saß einfach nur da. Wortlos. Als auch nach dem Einschalten des Motors nichts passierte, drehte der Fahrer sich um. Grzegorz Maliszewski – den Namen hätte Kurt Schneider auf dem Namensschild, wenn auch nicht aussprechen, dann wenigstens lesen können, wären seine Augen offen gewesen – fragte: „Wo möchten Sie denn hin?“

Statt zu antworten, schnaufte Kurt laut. Und stellte eine Gegenfrage: „Mein Chef behauptet immer wieder die Stadt sei gerade total angesagt. Haben Sie eine Idee was ich tun kann, um zu zeigen, dass ich mich hier gut auskenne?“

Grzegorz fluchte in seinen Gedanken. Wieso nur hatte er seinen Job als Lehrer aufgegeben, um in einem anderen Land Verrückte durch die Gegend zu fahren? Hastig setzte er den Wagen in Bewegung. Denn das Hupkonzert hinter ihm wurde immer lauter. Fünf Minuten später hielt das Taxi an einem Parkplatz. „Wollen Sie nicht einfach ein paar Fotos von den schönsten Sehenswürdigkeiten der Stadt machen?“ fragte Grzegorz. Kurt lächelte und nickte frenetisch. „Tolle Idee. Genau das machen wir!“

Da Kurt keine Kamera dabei hatte, machten sie zuerst vor einem Kaufhaus Station. Mit dem neuesten Modell ausgestattet, fuhren sie von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit und aßen auf Kurts Drängen hin gemeinsam zu Abend. Dabei unterhielten sie sich über den ein oder anderen Gott und die eine, bekannte Welt. Dann kam Kurt auf die Idee, etwas Ausgefallenes zu tun. „Was meinen Sie damit?“ fragte Grzegorz. Nicht etwa, weil ihm eine Vokabel fehlte. Sondern weil das Außergewöhnlichste, was er in dieser Stadt je getan hatte, eine U-Bahn-Fahrt bei Nacht gewesen war. „Na, etwas Besonderes eben. Was sonst keiner macht.“ Grzegorz schaute auf die Uhr. Nur noch eine Stunde bis zum Feierabend. Was soll’s. Er würde diesem Verrückten die alte, verlassene Fabrik zeigen, die er per Zufall entdeckt hatte.

Der Mond versteckte sich hinter einem Wolkenschleier und irgendwo in der Ferne blinzelten die Lichter der Stadt. Die Umrisse der Fabrik waren kaum zu sehen. An dem verrosteten Eingangstor zögerte Grzegorz. Doch Kurt ließ nicht locker. „Machen Sie schon. Das wird ein super Foto.“ Also fuhren sie weiter. Kurt stieg aus, knipste ein paar Bilder und hörte plötzlich einen Knall. Als würden zwei schwere Metallteile aufeinander schlagen. Sie verstanden es erst, als sie wieder vor dem Tor angekommen waren: Jemand hatte das Tor zugeschoben und ein Vorhängeschloss angebracht.

Grzegorz fluchte. Diesmal laut. Zwei Stunden später hielt das Taxi wieder am Bahnhof. Verschwitzt und zwielichtigen Bekannten von Bekannten viele Gefallen schuldend nannte Grzegorz die Summe, die Kurt zu zahlen hatte. Doch dieser zuckte nicht etwa die goldene Kreditkarte. Sondern schrie „Was? Sind Sie irre? Nie und nimmer zahle ich diesen Preis!“

Ein Briefing ist die Grundlage für jedes noch so kleine Projekt. Wird es unzureichend vorbereitet, kann man viel verlieren. Geld. Nerven. Das Gesicht. Denken Sie bitte darüber nach, wenn Sie das nächste Mal einen Auftrag vergeben. Oder einen entgegennehmen.

Ein universelles Geheimrezept gibt es nicht. Denn je nachdem, um was für eine Art der Dienstleistung es sich handelt, sind andere Details für den Erfolg entscheidend. Aber immerhin bleiben die Grundfragen im Wesentlichen gleich.

  • Wo wollen Sie hin?
  • Wann möchten Sie dort ankommen?
  • Wie viel darf es kosten?
  • Haben Sie eine Vorstellung davon, wie Sie ans Ziel kommen?
  • Sollen zwischendurch Schnittchen serviert werden?
  • Werden Umwege in Kauf genommen?
  • Ist das Ziel so eindeutig formuliert, dass beide Parteien wissen, wann die Fahrt beendet ist?

Für Projektleiter gilt: Je konkreter Sie formulieren, desto weniger Enttäuschungen werden Sie erleben. Und für Dienstleister: Wenn Sie Unklarheiten nicht hinterfragen, wird das Abenteuer möglicherweise zur Höllenfahrt.

Logisch? Durchaus. Und trotzdem finden jeden Tag unzählige Irrfahrten statt. Möchten Sie eine von Ihren mit uns teilen?

Wir freuen uns auf Ihre Ideen und Anregungen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Aber wir müssen uns davon überzeugen, dass Sie kein bösartiger Roboter sind. Die dazu erforderlichen Felder sind mit * markiert.

5 × eins =