Marketing und Vertrieb sind wie zwei sich völlig fremde Planeten, die vor Jahrhunderten von höheren Mächten in ein gemeinsames Universum gezwängt wurden. Die Bewohner dieser Planeten genießen ein ruhiges Leben, das alleine durch die vorgeschriebenen, Weltraum übergreifenden, Zusammenkünfte gestört wird. Kriegerische Ambitionen sind verboten, doch im Untergrund schmuggelt man eine Ware, die Ansehen und Macht beschert: Information.
Kommt Ihnen das bekannt vor? Dann sind Sie nicht alleine. Es gibt immer noch sehr viele Unternehmen, gerne im Business to Business Bereich, in denen Marketing nicht mehr als der Name einer Abteilung ist. Dort vergisst man, dass „Vertrieb“ eine Entscheidung darüber ist, wie ein Produkt zum Kunden gelangt und kein Selbstzweck. Der Weg ist eben nicht das Ziel, aber das hatten wir ja schon. Irgendwo, zwischen Theorie und aufgebauschter Struktur, geht diese Einsicht leider verloren. Dann ist „Vertrieb“ kein zielführender Prozess, sondern ein Werkzeug, das sich verselbständigt hat und Macht durch den Besitz von Information ausübt. Diese heiße Ware wird gehortet und häufig bis ins Grab mitgenommen. Vertriebsmitarbeiter verfügen über einen besonderen Status, denn wer würde die Hüter des Heiligen Grals vergraulen wollen?
Manch ein Träumer, der auf dem Marketing-Planeten sitzt, wünscht sich Abhilfe. Könnte man nicht einfach den internen Vertrieb umgehen und die Ware auf anderen Wegen zum Kunden bringen? Könnte man. Das Ganze wird unter dem altmodischen Begriff „indirekter Vertrieb“ geführt und bedeutet, dass man sich externe Partner sucht und deren Infrastruktur nutzt. Doch Vorsicht, nur weil im eigenen Universum der Segen schief hängt, heißt das natürlich nicht, dass man gleich fremd gehen muss. Tapferkeit und Ausdauer heißen die Tugenden, die helfen, die richtige Entscheidung zu treffen. Aller Anfang sind, wie so oft, ein Ziel und eine Landkarte.
Das Ziel
Es schadet nicht, ein paar Fragen im Hinterkopf zu verankern oder wahlweise wie ein Damokles Schwert über dem Kopf schweben zu lassen. Was genau will ich verkaufen? Wofür steht mein Produkt, meine Marke? Wer soll der Empfänger dieser Gaben sein? Und die Hauptfrage: Wo will ich hin? Möchte ich wirklich, dass mein Kaffee überall auf der Welt getrunken werden kann? Oder beschränke ich mich auf eine Stadt und mache meine Rösterei zu einem unvergleichlichen Ereignis vor Ort? Verzichte ich auf weltweiten Umsatz und setze auf lokalen Ruhm?
Die Landkarte
Es hilft, sich am Anfang ein Bild von der Umgebung zu machen. Wo passiert was? Wo halten sich die Kunden während der Informationsphase auf? Über welche Kanäle kaufen sie ein? Wo suchen sie Unterstützung, wenn das Produkt bereits in ihren Händen ist? Kann ich einen völlig neuen Aufenthaltsort für eine oder alle Phasen erschaffen? Das geht wirklich. Früher ist ja auch niemand in einen Buchladen gegangen, um Kaffee zu trinken. Erst wenn man sich umgesehen hat, kann man entscheiden, ob es sich lohnt, einen Partner zu suchen und sich darüber Gedanken machen, wie dieser aussehen sollte.
Der Partner
Wer kommt in Frage? Wer hat sowieso mit meiner Zielgruppe zu tun? Was springt für den anderen bei der Sache raus? Teilen wir die gleichen Werte? Kann ich die positiven Attribute der anderen Marke auf meine eigene herab scheinen lassen, so wie im Falle der neuen Glühbirne von Philips, die anfangs exklusiv in Apple Läden verkauft wird? Haben wir gemeinsame Ziele? Reicht die Infrastruktur dafür aus, was ich mir vorgestellt habe? Möchte ich die gleichen Vertriebswege nutzen wie meine Konkurrenz? Wer ist es, auf den ich mich da einlasse? Es spielt durchaus eine Rolle mit wem man sich umgibt. Schließlich kann uns ein falscher Freund vom Ziel abbringen.
Die Partnerschaft
Damit eine Partnerschaft erfolgreich ist, braucht es zunächst ein geeignetes Geschäftsmodell, wie das Projekt ColaLife, in dem Coca-Cola den Weg für Medikamente frei macht, zeigt. Ein Vertrag, der alle Aspekte der Partnerschaft regelt, erweist sich als nützliches Mittel, um Enttäuschungen vorzubeugen. Denn auch wenn man es schwer hat, die internen Kräfte zu kontrollieren, die externen sind noch schwieriger zu bändigen. Selbstredend ist die kontinuierliche Versorgung der Partner mit Informationen zu Kunden, Produkten, Marktgeschehen. Sollte eine Partnerschaft langfristig dennoch scheitern, wie im Falle von Adidas, deren Waren bald weder auf Amazon noch eBay zu finden sein werden, hat man nicht nur aus seinen Fehlern gelernt, sondern wird auch daran erinnert: Alles ist im Fluss. Und geht ohne Umwege zurück auf Start.
Irgendwo da draußen existiert ein Universum, in dem alle gemeinsam ein Ziel verfolgen. Irgendwann werden wir es finden. Und wenn nicht, werden wir es erschaffen.