Nebel als Symbol für manche Begegnungen in Sozialen Netzwerkene

Begegnungen im Nebel

Wie viele mögen uns?  Wie viele folgen uns? Sind das die Fragen, die ein Unternehmen sich heutzutage stellen muss? Oder sollte es vielmehr heißen: Wer gibt sich all diese Mühe? Oder doch eher: Was erwartet die Anhängerschar?

Eine Umfrage des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien verrät: 47 Prozent der Unternehmen in Deutschland nutzen soziale Medien. An erster Stelle, mit großem Abstand zu anderen sozialen Medien wie Video-Plattformen oder Blogs, steht das Engagement in sozialen Netzwerken. Das rege Interesse kleiner und großer Unternehmen ist verständlich. Schließlich tummeln sich bei Twitter, Xing, Facebook und Co Millionen potenzieller Kunden. Doch wird man den Eindruck nicht los, dass bei aller Aufregung selten die Frage aufkommt: Was machen diese Millionen von Menschen denn da eigentlich? Vielleicht gerät deshalb in Vergessenheit: Kaffeekränzchen, Lesezirkel und Treffen mit Freunden waren die Vorläufer dessen, was heute durch Technik unterstützt und häufig mit nutzergenerierten Inhalten gefüttert wird. In modernen sozialen Netzwerken geht es im Grunde genommen um eines: die Interaktion zwischen menschlichen Wesen.

Was wünschen sich also diese Wesen von einem Unternehmen in einer virtuellen Umgebung, in der persönliche Kommunikation dominiert? TNS Digital Life zufolge möchten 60 Prozent von jeglichen Begegnungen mit wirtschaftlich agierenden Institutionen verschont bleiben. Das heißt, von den vielen Millionen bleiben ungefähr 40 Prozent, die kommerzielle Eingriffe nicht als störende Unterbrechungen betrachten. Dieser interessierte Rest hält nach Sonderangeboten Ausschau, macht bei Preisausschreiben mit und informiert sich über Produkte. Was nicht wundert, aber scheinbar viele Verantwortliche vor ungelöste Rätsel stellt: Die aufgeschlossenen Nutzer möchten mit Unternehmen über den Kanal „soziales Netzwerk“ auch direkt kommunizieren.

Die Deutsche Bank hat 7.260 Twitter Anhänger in Deutschland und beantwortet ihre Tweets innerhalb eines Tages. Sicher, es könnte daran liegen, dass sie nicht wahnsinnig viele Kundenanfragen via Twitter bekommt, diesen Monat waren es gerade mal zwei. Aber, der Wille ist da und Kunden werden sogar aktiv zur Kommunikation ermuntert: „Feedback ist jederzeit willkommen. Einen separaten Kanal dafür gibt es nicht.“ Vodafone Deutschland gibt sich auf Google+ zwar kumpelhaft und duzt alle, sagt seinen Kunden jedoch klar: „ das ist ja auch kein Support hier…“. Siemens mag auf Facebook keine Geschichte aufwärmen und erzählt jemandem, der scheinbar noch ein Siemens Mobiltelefon besitzt, höflich, aber sich deutlich von anderen Siemens Sparten abgrenzend: „Das hier ist die Fan-Seite von Siemens Home Germany. Wir stellen keine Mobiltelefone her, sondern Haushaltsgeräte.“ Ein Zeichen für Krisenkommunikation über soziale Netzwerke hat kürzlich o2 in Großbritannien gesetzt. Vierundzwanzig Stunden lang gab es Probleme mit dem Netz. Doch als bösartige Tweets von völlig aufgebrachten Kunden eintrafen, entlud das Unternehmen die angreifenden Blitze mit Humor. Nichts ist schlimmer als Ignoranz, werden sich der Verantwortlichen gedacht haben.

Es ist nachvollziehbar, dass hunderte von täglich veröffentlichten Statistiken und Meldungen über soziale Netzwerke sich wie ein Nebel über den kollektiven Verstand eines Unternehmens legen. Für den einzelnen sollte es inzwischen allerdings möglich sein, Strukturen hinter der Wand aus Wassertröpfchen zu erkennen. Die Zeit der Selbstdarstellung in einer Vitrine, deren Glas jegliche Geräusche von außen dämpft, ist vorbei. Zumindest dort, wo Dialog den Kern des Daseins bedeutet. Gewinnen kann nur derjenige, der den Kunden als das erkennt, was er unabhängig des Kommunikationskanals ist, ein Mensch, der ein Unternehmen ganzheitlich wahrnimmt. Für kleine Unternehmen heißt das nicht, dass sie vierundzwanzig Stunden lang jemanden bereit stellen müssen, der jeden Kommentar bearbeitet. Kleine Unternehmen unterhalten ja auch keine Call-Center mit unterbezahlten Mitarbeitern, die keine Ahnung von ihren Produkten haben. Es hilft, Erwartungen zu verwalten: „Unser Twitter Team steht Ihnen für jegliche Anfragen bei Tageslicht zur Verfügung“. Profile erlauben es, diese Art von Information zu veröffentlichen. Und wer seine Ressourcen nicht in mehrere Kommunikationskanäle investieren kann oder möchte, der bleibt doch lieber bei einem Festnetzanschluss mit Anrufbeantworter. Denn nichts schadet einer Beziehung mehr als enttäuschte Erwartungen.

Charles Dickens hat das ursprüngliche Ende von „Große Erwartungen“ in ein Happy End verwandelt. Die Macht, Geschichten zu verändern, haben Unternehmen auch. Sie müssen nur bereit sein, sie zu nutzen. Sonst heißt es anstatt „… I saw no shadow of another parting from her.“ am Ende noch „… she gave me the assurance that suffering had been stronger than Miss Havisham’s teaching, and had given her a heart to understand what my heart used to be.“

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